Fünf Tage in der Woche laufen die FANUC Spritzgussmaschinen bei Lynker in Halver durch. Die weltweite Kundschaft setzt auf Qualität und so nimmt der Anteil vollelektrischer Maschinen zu. Die jüngste Fertigungszelle mit ROBOSHOT und Roboter realisierte die ASA Automation GmbH für das Unternehmen.
Lynker ist eines jener Unternehmen, deren Teile man nahezu überall nutzt, ohne den Hersteller zu kennen. Dazu gehören Kunststoffteile aller Art in Fahrzeugen. Diese machen 70 Prozent des Umsatzes von Lynker aus, 20 Prozent entfallen auf die Elektroindustrie, der Rest verteilt sich auf übrige Industriezweige. Allen gemeinsam ist der Anspruch, den man in der Otto Lynker GmbH so formuliert: Qualität mit Niveau. In diesem Jahr ist das Familienunternehmen 100 Jahre alt geworden.
Im Jubiläumsjahr erwirtschaftet die Otto Lynker GmbH mit annähernd 70 Beschäftigten einen Umsatz von rund 13 Mio. Euro. Kunden aus der ganzen Welt beziehen Präzisionsteile aus Halver. Gerade Automobilisten empfehlen die
zuverlässige Quelle ihren ausländischen Standorten weiter. So finden sich Kunden aus Brasilien, USA, Thailand und vielen anderen Ländern auf der Versandliste. Der Exportanteil steigt und liegt inzwischen jenseits der 60 Prozent-Marke. Geschäftsführer Steffen Grünig: „Wir haben überwiegend langjährige Beziehungen zu unseren Kunden, die uns auch oft weiterempfehlen.“
Im laufenden Geschäftsjahr werden die gesteckten Ziele erreicht. Der geplante Neubau der Produktion nimmt langsam Formen an. Grünig: „Das geht Schritt für Schritt voran. Die Planungen sollen bis Ende des Jahres abgeschlossen sein.“Vor wenigen Jahren musste man schon die Logistik „auslagern“ und hat dafür gut sichtbar am Ortseingang ein neues Lager gebaut. „Wirtschaftlich herrschen zwar derzeit allgemein keine idealen Bedingungen, durch zahlreiche Neuprojekte können wir das aber weitestgehend ausgleichen“, ist Grünig optimistisch. Der geplante Neubau neben dem Logistikzentrum soll doppelt so viel Produktionsfläche und auch dem eigenen Werkzeugbau mehr Platz bieten.
Am Standort „In der Hälver“ betreibt Lynker insgesamt 41 Spritzgussmaschinen im Schließkraftbereich zwischen 12,5 und 300 t, darunter inzwischen drei vollelektrische ROBOSHOT Maschinen von FANUC. Die Losgrößen bewegen sich hier von Kleinserien mit 300 Stück bis hin zu Serien mit drei Millionen Teilen. Alle Maschinen sind mindestens mit einem 3-Achs-Handling ausgerüstet. Das Prinzip dabei: Bis zum Versand soll ein Teil möglichst nur einmal in die Hand bzw. den Greifer genommen werden.
Neue Werkzeuge fertigt Lynker in einem leistungsstarken Werkzeug- und Formenbau selbst oder arbeitet mit ausgesuchten Werkzeugbauern teilweise schon lange Jahre zusammen. By the way: Auch im Werkzeugbau setzt Lynker auf die Präzision von FANUC Maschinen. Dort finden sich neben älteren Modellen auch eine jüngst beschaffte, fünfachsige ROBODRILL und ROBOCUT.
Zur Wertschöpfung gehört auch, dass Lynker in einigen Fällen Teile montiert. Steffen Grünig: „Die Ultraschallverschweißung ist ein relativ großes Steckenpferd von uns.“ Hier laufen Serien von mehreren Hunderttausend bis zu einer Million Stück. Weitere Angebote komplettieren das Angebot, beispielsweise Beschriftung oder Tampondruck.
Erstmals mit 6-Achser
Die neue Spritzgussmaschine, eine ROBOSHOT α-S300iA, ist mit einem 6-Achs-Roboter automatisiert – eine Premiere bei Lynker. Gefertigt werden zwei Teile zur Notentriegelung eines Automatikgetriebes: ein Steckschlüssel und ein Gehäuseteil. Als Werkstoff wird ein glasfasergestütztes Polyamid verarbeitet, wobei die konkrete Werkstoffauswahl auf Rat von Lynker zusammen mit dem Kunden getroffen wurde. Speziell der Anteil der Glasfaser wurde diskutiert. Einerseits sollen die Teile hochfest und sicher sein, andererseits verschleißt das Werkzeug umso schneller, je höher der Glasfaseranteil ist. „Den Kunden überzeugte letztlich die doppelt so hohe Werkzeugstandzeit“, erinnert sich Steffen Grünig.
Die beiden Teile werden in der von ASA Automation, Mainhausen, realisierten Zelle gefertigt. Für das Gehäuseteil müssen zunächst insgesamt vier vorgewärmte Schrauben in das 2-Kavitäten-Werkzeug eingelegt werden. Im gleichen Arbeitsgang entnimmt der Roboter ein fertig gespritztes Teil, fährt aus dem Werkzeug, hält es zur Qualitätsprüfung unter eine Kamera und legt die beiden Teile in einem Versandkarton ab. Kleine Zusatzaufgabe für den M-20i: zur optimalen Lagentrennung legt er einen Karton ein. Trickreich bei dieser Aufgabe ist der Sitz der Schrauben, die in einem bestimmten Winkel ins Werkzeug eingesetzt werden müssen. Dafür und für die anschließende Kontrolle unter der Kamera spielt der Roboter seine Beweglichkeit aus. Die von ASA Automation realisierte Kombination Roboter/Kamera bewältigt die Aufgabe sicher.
Das zweite in der Zelle gefertigte Teil, der Steckschlüssel, ist weniger komplex; die Abfolge – Entnahme, Abwerfen des Angusses, Ablegen im Versandkarton – ist aber vergleichbar. Zusätzlich wird noch ein Etikett aufgeklebt, wozu der Roboter die Steckschlüssel auf Werkstückträgern ablegt, die über das hauseigene und sehr flexibel einsetzbare Carryline-Fördersystem zur Etikettierstation laufen. Fertig beschriftet nimmt der Roboter die Teile auf und legt sie ab.
Für die Aufgabe hatte sich ASA Automation zum einen auf Empfehlung von FANUC, zum anderen durch die
vielfältigen eigenen Referenzen qualifiziert. Grünig: „Wir hatten ein grundlegendes Konzept, über das wir auch mit anderen Integratoren gesprochen haben.“ Schlussendlich hatte ASA aber mit ihrem Anlagenkonzept die überzeugendste und flexibelste Lösung.
Flexibel weitergedacht
Lynker wäre nicht Lohnspritzer durch und durch, wenn man nicht im Vorfeld schon weiter gedacht hätte. Grünig: „Wir haben das Konzept dahingehend offen gehalten, dass wir das für eine neue Aufgabe weiter nutzen können.“ Die automatisierte Kartonagenzuführung, das Kamerasystem und der FANUC Roboter sind schließlich universell einsetzbar.
Als Besonderheit macht Steffen Grünig den Einsatz des sechsachsigen M-20i und die integrierte Qualitätsprüfung aus: „Wir haben ja nicht aus Lust und Laune automatisiert. Im Vordergrund stand für uns die Produktivität und die Qualität, die wir erreichen wollten.“ Bei jeder manuellen Aktion habe man „einen gewissen Schlupf“. Konkret: Das korrekte Einlegen der Schrauben über einen längeren Zeitraum ist manuell so gut wie nicht zu gewährleisten. Ist eine Schraube schief eingelegt, kann es zu Beschädigungen am Werkzeug und unter Umständen zu einem Produktionsstillstand kommen. Wobei „schief eingelegt“ die Sachlage nur bedingt trifft. Denn die Schrauben sollen ja schräg – aber eben nicht schief – in einem ganz bestimmten Winkel eingelegt werden. Der Roboter erledigt diese Aufgabe jedenfalls äußerst wiederholgenau.
Um wie viel sich der Nachbesserungsaufwand gegenüber einer manuellen Beschickung verbessert hat, lässt sich nicht konkret beziffern. Das manuelle Einlegen der Schrauben erfolgte lediglich während der Prototypen- und Vorserienfertigung. Schon deshalb kann der Output nicht verglichen werden – sehr wohl aber der Aufwand durch Beschädigungen an den Werkzeugeinsätzen des Spritzwerkzeuges. Von den schmerzhaften Berührungen des heißen Werkzeuges einmal abgesehen. „Unter Serienbedingungen gelten da andere Regeln“, sagt Steffen Grünig. Denn das ganze Projekt ist von Anfang an als Automationsprojekt geplant worden. Regelmäßig nimmt man zu Beginn eines solchen Projektes eine FME-Analyse vor.
Die ASA-Zelle mit der ROBOSHOT läuft rund um die Uhr. Standardmäßig werden bei einer Zykluszeit von etwas über 40 Sekunden Lose in einer Größenordnung von 60.000 Stück gefertigt, dann wird umgerüstet auf das andere Teil. Je 600.000 Teile jeder Sorte „liefert“ die ROBOSHOT übers Jahr verteilt. Der jeweilige Produktionsauftrag wird von einem Mindestbestand im Lager ausgelöst. Die Umrüstung selbst ist schnell bewerkstelligt. Im Prinzip muss nur das entsprechende Werkzeug eingesetzt, der Greifer getauscht und das jeweilige Programm aufgerufen werden.