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Aufgabe:
Kits für Dopingproben müssen eindeutig identifizierbar und zuverlässig gegen Manipulationen geschützt sein. Bei Berlinger suchte man daher eine Lösung in der Automatisierungsbranche

Lösung:

Zwei LR Mate 200iC wurden in der Produktion installiert. Die Deckel bestehen aus mehreren Teilen, die inzwischen automatisiert montiert werden.

Ergebnis:

Komplett bestückt und mit Teilen versorgt, arbeitet die Zelle zwei Stunden völlig autonom. Während der normalen Arbeitszeit überwacht das Bedienpersonal die Anlage und ist für den Materialnachschub zuständig.
 

Von einer Verwechslung könnte eine Karriere abhängen: Kits für Dopingproben müssen eindeutig identifizierbar und zuverlässig gegen Manipulationen geschützt sein. Zwei LR Mate 200iC montieren die Deckel dafür.
Ausgemacht: Wir sprechen über Doping. Aber nicht darüber, ob es moralisch verwerflich oder gesundheitlich bedenklich ist. Sondern ausschließlich darüber, wie die Herstellung von Anti-Doping-Kits automatisiert wurde.

Die Berlinger Special AG, Ganterschwil/CH, beliefert Verbände und Veranstalter weltweit mit manipulationssicheren Kits, den sogenannten BEREG-Kits, für Dopingkontrollen. Namen von Abnehmern, gar Großabnehmern werden noch verschwiegener behandelt als Zahlen über Unternehmensgewinne. Immerhin ist Berlinger Weltmarktführer bei Test-Kits. Der Export liegt bei 98 %, der Weltmarktanteil bei geschätzt 90 %. Gerichte in aller Welt bestätigen den Ruf des Unternehmens. Monika Egli, leitende Produktmanagerin: „Unser Kit hat vor Gericht immer bestanden.“ So etwas nennt man hieb-& und stichfest.

Bedarfszahlen, Fälschungssicherheit und Zuverlässigkeit waren für Berlinger Grund genug, die Montage des aus mehreren Teilen bestehenden Deckels zu automatisieren. Nun ist in Gossau, wenige Autominuten von Ganterschwil entfernt, die Robofact AG ansässig, die als Systemintegrator in mehreren Sparten, speziell im medizinisch-technischen Bereich aktiv und erfolgreich ist. Und Robofact hat für Berlinger eine Anlage zur automatisierten Montage realisiert.

Lohnende Automatisierung

Automatisierung lohnt sich nur bei hohen Stückzahlen? Daran mangelt es nicht, denn auf der Anlage sind inzwischen knapp drei Millionen Deckel montiert worden. Vervollständigt und versandbereit gemacht werden die Kits manuell. Gefertigt wird nach Auftrag.
Ein Kit umfasst immer je einen Behälter für eine sogenannte A- und eine B-Probe. Zusammen mit „Antidoping Schweiz“ hat Berlinger die Hardware für den Test entwickelt. Für Berlinger sind diese „Sicherheitscontainer“ patentiert. 
Die Deckel bestehen aus mehreren Teilen, die inzwischen automatisiert montiert werden. Der eigentliche Deckel kommt palettenweise in die Zelle. Der bis zu zehn Paletten hohe Stapel auf der Einlaufseite wird jeweils angehoben und die unterste Palette in die Zelle gezogen. Weil es nicht nur 2er- sondern auch 3er Kits gibt, liegen immer so viel Deckel in Formnestern auf der Palette, dass die Anzahl durch zwei und drei teilbar ist.
Dicht- und Federringe werden den Robotern in der Zelle über zwei Wendelförderer auf der Rückseite zugeführt. Ein Teil des Deckelsystems, ein Metallfederring, widersetzt sich der Automation. Bisher untersuchte Ansätze zur Automatisierung waren entweder technisch nicht realisierbar oder schlicht zu teuer. Also werden diese Metallfederringe immer in Chargen von 8 x 24 Stück manuell auf Kissen gesteckt, die dann vom Roboter erreichbar in der Zelle platziert werden.

Erster Arbeitsgang in der Zelle ist das Einprägen der Sicherheitsnummer. Diese Nummer muss 100 %ig sicher aufgebracht werden, wobei der erste der beiden Roboter, ein FANUC LR Mate 200iC, hier nur Handlanger ist. Dann wird der Deckel in Kooperation mit einem zweiten LR Mate vervollständigt. Ein Bildverarbeitungssystem und mehrere Kameras unterstützen die beiden FANUC-Roboter.

Wichtiges Element im Deckel ist ein Rasterring. Dieser Ring hat am Außendurchmesser einen Zapfen, der genau in einer Nut des Deckels liegen muss und als Verdrehsicherung dient. Bis dahin eine einfache Fingerübung für Robofact. Trickreich ist die Aufgabe, weil die Ober- und Unterseite des Ringes nicht gleich sind. 

Die Mechanik des Wendelförderers ist so ausgelegt, dass der Ring dem Roboter immer lagerichtig und griffgerecht zugeführt wird. Eine Bildverarbeitung an dieser Stelle dient nur der Erkennung der richtigen Lage des Ringes. Ursprünglich sollte der Roboter den Ring greifen und mit dem Handgelenk, also der sechsten Achse, den Ring erst für die Montage positionieren. Fabian Anderegg, Bereichsleiter Food und Medical bei Robofact: „Wir haben festgestellt, dass wir mit der jetzigen Anordnung kürzere Taktzeiten erzielen.“ Ein bisschen Flexibilitätsreserve bleibt dann noch.

Dennoch: Im sechsten Betriebsjahr sind die Taktzeit-Reserven relativ ausgereizt. Prägen, Ultraschall-Verschweißen und Ausblasen mit ionisierter Luft sind Prozesse, die sich mit der gegebenen Konfiguration nicht verkürzen lassen. So sieht die Roboterbewegung vergleichsweise „gemütlich“ aus. Fabian Anderegg: 

Es ist auch nicht sonderlich sinnvoll, den Roboter mit maximaler Geschwindigkeit in die nächste Position zu verfahren, wenn er dann auf den nächsten Schritt warten muss. So haben wir einen guten Kompromiss zwischen Zykluszeit und Dauerbelastung gefunden.“

Die neuen LR Mate 200iD könnten durchaus noch 20 bis 30 Prozent schneller verfahren. Bei Berlinger sind zwei LR Mate 200iC/5L mit R-30iA Mate Controller im Einsatz. Die Typenbezeichnung verweist auf die Traglast von 5 kg, das „L“ steht für die Langarmversion mit 892 mm Reichweite.
 
Komplett bestückt und mit Teilen versorgt, arbeitet die Zelle zwei Stunden völlig autonom. Während der normalen Arbeitszeit überwacht das Bedienpersonal die Anlage und ist für den Materialnachschub zuständig. Die Werkstückträger mit den montierten Deckeln kommen an Handarbeitsplätze. Dort werden sie zu fertigen Kits versandfertig zusammengestellt. 
 
Die Namen der beiden Roboter, Tom und Jerry, stammen noch aus der Anfangszeit der Roboterzelle, ebenso die aufgeklebten Augen. Seit das Personal mit der Automatisierung insgesamt und speziell den Robotern vertraut ist, werden die beiden Gelben nur noch „Röbi“ genannt. 
 
Bedienung: Einfach und prozesssicher
Fabian Anderegg: „An manchen Stellen bietet die Anlage Flexibilität, die heute noch gar nicht genutzt wird.“ Technisch machbar wäre es, auch andere Deckelformate, beispielsweise für Blutdoping, in der Zelle codieren und montieren zu lassen. Monika Egli: „Dafür haben wir noch nicht die Stückzahlen, die den Aufwand rechtfertigen würden.
 
Charakteristisch auf der Frontseite der Zelle ist das Bedientableau, das es bei allen Robofact-Zellen gibt. Fabian Anderegg: „Wenn wir eine Zelle bauen, dann ist es unser Ziel, dass sie vom Personal sicher bedient werden kann.“ Auf dem Bedientableau wird die Zelle visualisiert, laufende Aktionen farblich gekennzeichnet. Im einfachsten Fall reichen auf der Touchscreen-Oberfläche Bedienfelder für Start/Stop, Tür auf/zu und Reset. „Das ist der Optimalfall, egal wie komplex die Anlage ist.
 

150 Jahre kreativ 

Gerade hat Berlinger sein 150jähriges Jubiläum gefeiert und wird heute in sechster Generation von Andrea Berlinger Schwyter und Daniel Schwyter – Berlinger geführt. Das Geschäft des Familienunternehmens sind Systeme zur Temperaturüberwachung und Systeme für Dopingkontrollen. Zwei Drittel des Umsatzes werden mit Temperaturüberwachung erzielt. Insgesamt beschäftigt das Unternehmen rund 90 Mitarbeiter. Den Grundstein zur Firmengeschichte legte Johann Georg Berlinger 1865 mit einer Weberei. Ob es an der Firmenkultur oder an der idyllischen Gegend liegt? Von Anfang an zeichnete sich das Unternehmen durch Innovationen und Erfindergeist aus. Bis heute hat sich die Kreativität erhalten, mit der neue Lösungen gesucht und zu einem wirtschaftlichen Erfolg gemacht werden.