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Aufgabe:
Die Automatisierung von Teilschritten einer SMC Bauteilfertigung im Bereich Formpressen, welche bisher von einem Werker manuell durchgeführt wurden. Es galt die Einzelprozesse Zuschneiden, Stapeln und Wiegen des SMC Materials, sowie das Entladen der Presse mit dem ausgeformten Bauteil und das Beladen der Presse mit der richtigen Lagenanzahl und dem passenden Gewicht des SMC Pakets mit Hilfe von FANUC Robotertechnik zu automatisieren. 

Lösung:
Eine SMC Pressenautomationszelle von Schmidt & Heinzmann bestehend aus zwei FANUC Handling Robotern, einem AutoCut Schneidsystem mit Ultraschallschneidtechnik, einem Wiege- und Stapeltisch zur Gewichtserfassung und -regelung sowie einem flexiblen Nadelgreifer zum Abräumen der Schneidanlage und SMC Stapelbildung. Ein weiterer Handlingsroboter mit einem Multigreifer, welcher mit Finger- und Vakuummodulen bestückt ist, sorgt für die Beladung der Presse mit einem SMC Paket sowie die Entladung der Presse mit dem fertigen SMC Bauteil. Die komplette Zellensteuerung, sowie die Anlagensicherheit stammen ebenfalls aus dem Hause Schmidt & Heinzmann.

Ergebnis:
Eine hocheffiziente und flexible Automationszelle mit automatischer Gewichtskontrolle und -regelung, samt Handling der Zuschnitte und einem automatischen Be- und Entladen der Presse. Durch die Automatisierung des Fertigungsprozesses mit Unterstützung der FANUC Roboter, konnte sowohl die Ausbringung der Anlage insgesamt gesteigert, als auch die Qualität der Bauteile deutlich verbessert werden – und das bei gleichzeitiger Reduzierung der Stückkosten.

Für Besonderheiten hatten schon die Firmengründer von Schmidt & Heinzmann, Bruchsal, etwas übrig. Faxpapier-Maschinen oder Bördelmaschinen für die Bahnindustrie gehörten zum Portfolio. Anfang der 70er Jahre erfolgte die Spezialisierung auf „Composite Equipment & Machinery“, wie sie auch der komplette Firmenname wiedergibt. In dieser Zeit entwickelte man bei Schmidt & Heinzmann eine erste Halbzeug-Produktionsanlage für einen namhaften Bauteilproduzenten in der näheren Umgebung. Heute ist das Unternehmen mit 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weltweit gefragter Partner in vielen Industriezweigen, in denen es um Maschinen zur Verarbeitung von Composite-Materialien und die Herstellung von Composite-Bauteilen geht. Der Umsatz 2019 belief sich auf  rund 20 Mio. Euro.

Die Vielfalt an Materialien, die auf Anlagen von Schmidt & Heinzmann verarbeitet werden, ist fast so breit wie die Anwendungsgebiete: Von der Formel 1 über Luftfahrtindustrie, Zulieferindustrie für den gesamten Transportsektor, Elektro- und Bauindustrie bis zu Sanitärelementen wie Badewannen reicht das Spektrum. Zwischen 50 und 70 Prozent der Produktion entfallen pro Jahr auf Anlagen zur Herstellung von SMC Material oder Bauteilen aus  SMC (Sheet Moulding Compound). 
Michael Ochs, Executive Vice President Vertrieb und Marketing, sieht einen weltweiten Trend zur Automation: „Wir bauen Anlagen zur Verarbeitung von duroplastischen Halbzeugmaterialien wie SMC und Prepreg, die wir an unsere weltweiten Kunden liefern. In den letzten Jahren ist hier ein starker Trend zur Automation bei der Bauteileproduktion erkennbar.“ Er muss es wissen, denn Schmidt & Heinzmann hat Kunden in über 70 Ländern und ist mit immer neuen Anforderungen an Maschinen und Materialeigenschaften gefordert. Jährlich investiert das Unternehmen daher rund 10 Prozent des Umsatzes in Forschung und Entwicklung. Die Anerkennung dafür ist in erster Linie natürlich die wachsende Kundenanzahl weltweit. 

Anlage für amerikanischen Automotive-Zulieferer

Für einen Hersteller von Pick-up und Truck-Bauteilen in Nordamerika hat Schmidt & Heinzmann die ersten beiden von mehreren SMC-Pressen automatisiert. Steigende Stückzahlen und gestiegene Qualitätsansprüche sind nur noch automatisiert zu bewältigen.

Auch wenn zahlreiche Anlagenbestandteile immer wiederkehren, zeichnen sich Anlagen von Schmidt & Heinzmann durch kundenspezifische Konzeption und produktorientierten Aufbau aus. Eine der Voraussetzungen dafür ist eine hohe Fertigungstiefe. Michael Ochs: „Unser Know-how steckt sicherlich im Handhaben und in der Prozesskontrolle der verschiedensten Faserverstärkungen und Halbzeugarten.“ Das setze viel eigenes Fertigungs-Know-how und damit Fertigungstiefe voraus.

Die Anlage für den amerikanischen Zulieferer beginnt mit Halbzeug in Rollenform. Aus Qualitätsgründen bevorzugen viele Verarbeiter dieses Rollenmaterial, gegenüber SMC aus Kisten, weil die Fasern nicht unkontrolliert brechen können und dieses frei von Faltkanten ist. 
In jedem Fall kommt das Halbzeug zwischen zwei Folien eingepackt, denn die Faser-Harz-Masse ist teilweise ziemlich klebrig, je nach Rezeptur und Reife. Beim Einziehen in die Anlage werden die Folien abgezogen und das Halbzeugmaterial gelangt in die Schneidmaschine. Wie zahlreiche andere Anlagenkomponenten sind auch die Schneidanlagen eine Eigenentwicklung, wobei beim Schneiden von SMC zwischen zwei Schneidprinzipien gewählt werden kann: einem angetriebenen Rundmesser oder einer Ultraschallklinge.

Bei der Anlage für den amerikanischen Zulieferer kommt die von Schmidt & Heinzmann neu entwickelte Ultraschallschneidtechnik mit einem hochfrequent angeregten Messer zum Einsatz. Michael Ochs: „Das erlaubt deutlich längere Produktionsintervalle mit weniger Reinigungs- und Wartungsaufwand als bei einem Rundmesser.

Materialsparend, mit einer entsprechenden „Nesting“-Software, schneidet ein NC-Schneidkopf gemäß Rezeptur die einzelnen Zuschnitte. Michael Ochs: „Unsere Software stellt dabei einen optimalen Materialnutzungsgrad sicher, was vor allem bei unterschiedlichen Geometrien und Freiformen zum Tragen kommt.“

Wie schnell geschnitten werden kann, hängt von der Materialstärke – das können bei SMC-Matten bis 6 mm sein – und vom Fasergehalt ab. Schnittgeschwindigkeiten von bis zu 400 mm/sec sind möglich.

Die fertigen Zuschnitte greift der Stacking-Roboter und legt sie auf einem Tisch mit integrierter Waage ab. Wo der Roboter genau greifen muss, wird ihm über die Steuerung der Schneidmaschine automatisch „mitgeteilt“. Ein individuelles Programmieren der jeweiligen Zuschnittsaufnahmepositionen entfällt. Das spart enorm viel Zeit beim Einrichten und macht die Anlage sehr flexibel. Die biegeschlaffen Zuschnitte nimmt der Roboter mit einem von Schmidt & Heinzmann selbstentwickelten Nadelgreifer auf. Die einzelnen Nadeleinheiten sind variabel ausgelegt, so dass bei unterschiedlichen Zuschnitten nicht immer auch der Greifer gewechselt werden muss 

Genau gewogen

Normalerweise greift der Roboter einen Zuschnitt von der Schneidmaschine, bei kleineren Zuschnitten oder großen Lagenanzahlen auch zwei. Der oder die Zuschnitte werden auf einem Tisch mit integrierter Waage abgelegt und gewogen. Ein Soll/Ist-Vergleich zeigt, ob das Zielgewicht des Zuschnittes beim Schneiden auch eingehalten wurde. Ansonsten wird beim darauf folgenden Zuschnitt automatisch die Größe nachgeregelt, um die Differenz auszugleichen. Dann kommt die nächste Lage. Michael Ochs: „Durch die Gewichtskontrolle und -regelung stellen wir sicher, dass der Zuschnittstapel, der in die Presse kommt, auch das richtige Gewicht hat und gleichmäßige Bauteile produziert werden.“

Die Mattenstapel können je nach Bauteil unterschiedlich hoch sein und bestehen aus bis zu zehn Lagen. Die Masse des Stapels beträgt dann gut 15 bis 20 Kilogramm, bei großflächigen Bauteilen wie der Dachstruktur eines Lkw kommen durchaus auch 30 bis 40 Kilogramm zusammen.

Um diese SMC Pakete in das Werkzeug der Presse einzulegen, setzt Schmidt & Heinzmann am Handlingsroboter dann einen Kombi-Greifer mit Fingermodulen zur Beladung und Vakuumsauger zur Entladung des fertigen Bauteils ein. Dass Schmidt & Heinzmann die Greifer selbst konzipiert und baut, hat gute Gründe, wie Michael Ochs erklärt: „In der Regel werden die Greifer dezidiert für ein Bauteil ausgelegt, wobei wir uns aus dem bestehenden Baukasten bedienen. Je nach Layout und Taktzeitanforderung hat ein Roboter auch mehrere Aufgaben zu erledigen, wie in diesem Fall. Dann integrieren wir diese Aufgaben in einem Kombigreifer, teilweise mit verschiedenen Greiftechniken und mehreren Funktionen.“ Denkbar wäre aber auch ein Greiferbahnhof, an dem der Handlingsroboter automatisch den Greifer wechselt, wenn z.B. die Zugänglichkeit oder die Applikation dies erfordert. 

Traglast und Reichweite waren deshalb grundlegende Kriterien bei der Auswahl der Roboter. In der Anlage für den amerikanischen Lkw-Zulieferer sind zwei FANUC Roboter im Einsatz, ein M-410iC und ein M-900iB. Die jeweils optimale Aufstellposition der Roboter in der Anlage wurde am Bildschirm per Simulation ermittelt. S&H-Roboterexperte Thomas Weiß nutzte zur Layoutplanung das 3D-Simulationstool Visual Components und die FANUC eigene Software ROBOGUIDE. Aber eine Anlage in dieser Größenordnung oder auch die nachträgliche Automation einer Anlage kann kaum „nach Augenschein“ projektiert werden – vor allem, wenn sie in eine vorhandene Produktionsumgebung integriert werden muss. Die bei Schmidt & Heinzmann übliche Vorgehensweise ist dann die, dass die komplette Produktionsumgebung vor Ort mittels 3D-Scanner erfasst und die Ergebnisse ins CAD-System eingepflegt werden. Michael Ochs: „Dann können wir dem Kunden schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt seine ‚neue‘ Fertigung in Virtual Reality zeigen, die zukünftige Anlage begehen und belastbare Werte für die Auslegung ermitteln.“
 
Außer technischen Gründen sprachen weitere Kriterien für den Einsatz der FANUC Roboter: „Für den Endkunden der Anlage in den USA war für die Auswahl der Roboter wichtig, dass neben den technischen Anforderungen wie Traglast, Reichweite, Genauigkeit und Zuverlässigkeit auch die Life-Cycle Aspekte wie Service, Ersatzteile und Wartung gewährleistet sind. FANUC ist in den USA hoch akzeptiert und dort Marktführer.“ 

Zudem hat der Kunde bereits mehrere FANUC Roboter im Einsatz und entsprechend geschultes Personal sowie positive Erfahrungen mit Wartung und Service.

In der aktuellen Anlage übernimmt der Palettierroboter M-410iC das Stacking der Zuschnitte zwischen Schneidmaschine und Wiegetisch. Die Roboter der Baureihe M-410i bewältigen Traglasten von bis zu 700 kg mit einer Reichweite von bis zu 3,1 m. Ein weiterer FANUC Roboter, ein M-900iB, ist für die Be- und Entladung der Presse zuständig. Nach erfolgter Entladung des vorangegangenen Bauteils greift er sich den Zuschnittstapel und legt ihn in die Presse ein. Das bei rund 200°C fertig „gebackene“ Bauteil entnimmt er anschließend aus der Presse und legt es entweder in eine Abkühlstation oder gleich zum automatischen Abtransport auf ein Ausschleusband. In diesem Anlagenabschnitt erfolgt bei Bedarf und abhängig vom Bauteil auch eine Markierung zur Produktnachverfolgung („Traceability“) als Data-Matrix-Code oder als Label. 

Taktzeit bestimmend ist in der Anlage die Presse. Zwischen drei und vier Minuten dauert ein Takt, abhängig von der Masse und Wandstärke des Bauteils. Über ein zentrales Control Panel wird die komplette Anlage gesteuert, bedient und überwacht.

Insgesamt plant der Kunde alle seine Automotive-Werke Schritt für Schritt zu automatisieren. Michael Ochs sieht die Strategie des Unternehmens, auf Hightech und Qualität zu setzen, bestätigt: „Um Ausbringung und Qualität sicherzustellen, ist eine Automatisierung unerlässlich.“ Manuell seien die Taktzeiten und ein gleichbleibend hohes Qualitätsniveau nicht zu halten. In der Summe der Argumente kommt man am Einsatz von Robotern und automatisierten Prozessen sowohl aus ökonomischen Gründen als auch unter ergonomischen Aspekten nicht vorbei: „Es ist eine deutliche Einsparung an Manpower und Kosten.“ Anlagen von Schmidt & Heinzmann sind dafür das beste Beispiel.